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Philosophie

Je komplexer und unruhiger unsere Welt wird, desto grösser ist die Sehnsucht nach Einfachheit und Sinnhaftigkeit.

Ein Thema, das mich seit Jahren fasziniert und beschäftigt, ist der Minimalismus. Schon lange sammle und skizziere ich Ideen rund um das Wohnen auf kleinem Raum. Ein Minimum an Raum und Einrichtung, angemessen und bescheiden. So wenig wie möglich, aber doch so viel wie nötig. Genau das, was der Mensch braucht, ohne aber auf den heutigen Komfort verzichten zu müssen.

Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen wie die voranschreitende Digitalisierung, ein verstärktes Umweltbewusstsein, eine immer älter werdende Bevölkerung oder die zunehmende Migration haben auch auf das Bauen und die Architektur einen erheblichen Einfluss. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, bedarf es schon heute intelligenter Ideen und tragfähiger Konzepte, die den vielfältigen Anforderungen gerecht werden.

Aus diesen Überlegungen heraus ist eine Werkreihe mit zehn Entwürfen für kleine Wohnhäuser entstanden. Diesen lege ich vier Grundhaltungen aus der Kunst-, Bau- und Handwerksgeschichte zugrunde und wende sie konsequent auf Architektur, Konstruktion, Material, Innenausbau und Einrichtung der Kleinbauten an:

1. Die Lehre des Zen
Der Zen-Buddhismus ist eine fernöstliche religiöse Lehre, ab dem 5. Jahrhundert in China und ab dem 12. Jahrhundert in Japan verbreitet, welche den gestalterischen Stil auf eine geistige Ebene hebt. Bekannt geworden ist Zen in der westlichen Welt vor allem in den Nachkriegsjahren und übt seitdem einen prägenden Einfluss auf das kulturelle Leben aus. Zen wird als eine kulturgeschichtliche Lebensform begriffen, die ein neues Verständnis einer schlicht und funktional gehaltenen Umgebung sucht. Hier spielt auch das uralte Konzept der Leere – «ma» – eine wichtige Rolle. Es schafft einen Raum jenseits von jedem Überfluss, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Bekannt ist Zen bei uns vor allem durch Meditation, Teezeremonie, Kalligrafie, Gartenkultur oder Handwerkskunst in Holz und Keramik. Die minimalistische Blumensteckkunst Ikebana hat seine Wurzeln ebenfalls im Zen.

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2. Die Shaker
Die Shaker sind eine Glaubensgemeinschaft, die im 18. Jahrhundert in Nordamerika gegründet wurde. Sie zeichnen sich aus durch eine hohe Arbeitsethik und ein nahezu klösterliches Zusammenleben. Die weiteste Verbreitung fanden sie um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit etwa 20 Siedlungen und 6‘000 Mitgliedern. Glaube und Arbeit folgen dem calvinistischen Wirtschaftsprinzip «hands to work and hearts to god» («die Hände bei der Arbeit, die Herzen bei Gott»). Für die Shaker sind Tugenden wie Fleiss, Kreativität und das Streben nach handwerklicher Produktivität Grundvoraussetzungen für ein gottgefälliges und freudvolles Leben. Die Shaker lehnen den technischen Fortschritt nicht ab, vielmehr gehen zahlreiche Erfindungen wie zum Beispiel Kreissäge, Waschmaschine sowie Wäscheklammer auf sie zurück. Die schlicht gestalteten Möbel der Shaker wurden früher auf Weltausstellungen präsentiert und leisteten einen wichtigen Beitrag zum modernen Design. Im 19. und im frühen 20. Jahrhundert waren Shaker erfolgreiche Ökonomen und handelten an der Börse. Sie galten als gute Finanzdienstleister und berieten über lange Zeit die amerikanischen Regierungen.

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3. Case Study House
Das Case-Study-House-Programm (Fallstudien-Häuser) war ein Versuch, mit experimenteller Wohnhausarchitektur auf den Bauboom der Nachkriegsjahre in den Vereinigten Staaten zu reagieren. Der Entwurf und die Errichtung von einfachen und kostengünstigen Modellhäusern sollte die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in der Zeit der Kriegsheimkehrer stillen. Initiiert und finanziert wurde das Programm durch die Zeitschrift «Arts & Architecture», deren Herausgeber John Entenza ein entschiedener Verfechter des Modernismus war. Das Programm lief von 1945 bis 1966, und Entenza konnte namhafte Architekten wie Charles und Ray Eames, Richard Neutra, Pierre Koenig, Craig Ellwood, Eero Saarinen und Julius Ralph Davidson verpflichten. Im Case-Study-House-Programm wurden neue Formen des Wohnens entwickelt und die Bewegung erwies sich als eine aussergewöhlich innovative Episode in der Geschichte der amerikanischen Architektur. Nicht zuletzt hatte diese auch einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der internationalen Architektur.

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4. Minimalismus
Der Minimalismus ist ein Architekturstil, der sich im Wesentlichen durch seine einfache Formensprache und den Verzicht auf jegliche Dekoration auszeichnet. In der Architekturgeschichte gab es immer wieder Bestrebungen, den Bauwerken eine Formreinheit und klare Geometrien zu geben. Konkrete Ansätze treten anfangs des 20. Jahrhunderts in den Kunstwerken und Architekturentwürfen von Kasimir Malewitsch in Erscheinung – er wagte die Reduktion auf ein Minimum. Der Architekt Ludwig Mies van der Rohe formulierte die Maxime «weniger ist mehr» und begründete damit eine ganze Philosophie und Lebenseinstellung. Zeitgenössische Vertreter dieses Stils in der Architektur sind zum Beispiel Luis Barragán, Jasper Morrison und John Pawson. Heute hat sich der Minimalismus in Architektur und Design als Geisteshaltung etabliert, und viele Architekten entwerfen nach dessen Grundlagen.

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